Weil aber der Wille frei ist, so ist es (physisch) zufällig, ob wir es wirklich tun. Hier endlich sind wir frei, u. s. f.« Die Antwort der Medea im Trauerspiel gehört in die nämliche Klasse. Viele unserer Romane und Trauerspiele, besonders der so genannten Dramen (Mitteldinge zwischen Lustspiel und Trauerspiel) und der beliebten Familiengemälde gehören in diese Klasse. In dem ersten Fall erscheint er als eine moralisch große Person, in dem zweiten bloß als ein ästhetisch* großer Gegenstand. Oder unmittelbar und nach dem Gesetz der Notwendigkeit, wenn er eine übertretene Pflicht moralisch büßt. Medea, indem sie ihre Kinder ermordet, zielt bei dieser Handlung auf Jasons Herz, aber zugleich führt sie einen schmerzhaften Stich auf ihr eigenes, und ihre Rache wird ästhetisch erhaben, sobald wir die zärtliche Mutter sehen. Dass aber dieses Mächtige zugleich furchtbar und das Furchtbare erhaben werde, beruht auf zwei verschiedenen Operationen des Gemüts, d.i. Es ist nicht zu leugnen, daß die Poesie der Alten, dieses Umstandes halber, Wirkungen leistete, deren die neuere Poesie sich nicht rühmen kann, – aber gehörten diese Wirkungen der Kunst und dem Dichter? Wären wir nun nichts als Sinnenwesen, die keinem andern als dem Erhaltungstriebe folgen, so würden wir hier stille stehen und im Zustand des bloßen Leidens verharren. Der Mund ist voll von Wehmut und die gesenkte Unterlippe schwer von derselben; in der überwärts gezogenen Oberlippe aber ist dieselbe mit Schmerz vermischt, welcher mit einer Regung von Unmut, wie über ein unverdientes unwürdiges Leiden, in die Nase hinauf tritt, dieselbe schwellen macht und sich in den erweiterten und aufwärts gezogenen Nüssen offenbart. Insofern wir also Handlungen moralisch beurteilen und sie auf das Sittengesetz beziehen, werden wir wenig Ursache haben, auf unsere Sittlichkeit stolz zu sein; insofern wir aber auf die Möglichkeit dieser Handlungen sehen und das Vermögen unsers Gemüts, das denselben zugrunde liegt, auf die Welt der Erscheinungen beziehen, d.h. insofern wir sie ästhetisch* beurteilen, ist uns ein gewisses Selbstgefühl erlaubt, ja, es ist sogar notwendig, weil wir ein Prinzipium in uns aufdecken, das über alle Vergleichung groß und unendlich ist. Ich sage des Affekts*, denn auch die Sinnlichkeit kann kämpfen; aber das ist kein Kampf mit dem Affekt*, sondern mit der Ursache, die ihn hervorbringt – kein moralischer, sondern ein physischer Widerstand, den auch der Wurm äußert, wenn man ihn tritt und der Stier, wenn man ihn verwundet, ohne deswegen Pathos zu erregen. Seine Beine wollen sich erheben, um seinem Übel zu entrinnen; kein Teil ist in Ruhe, ja die Meißelstriche selbst helfen zur Bedeutung einer erstarrten Haut.“. Die Dichtkunst führt bei dem Menschen nie ein besonderes Geschäft aus, und man könnte kein ungeschickteres Werkzeug erwählen, um einen einzelnen Auftrag, ein Detail, gut besorgt zu sehen. Weil aber die Phantasie durch ihr Bedürfniß nicht so vorschreiben kann, wie die Vernunft durch ihren Imperativ dem Willen der Individuen vorschreibt, so ist das Vermögen der Freiheit, auf die Phantasie bezogen, etwas Zufälliges und muß daher, als Uebereinstimmung des Zufalls mit dem (bedingungsweise) Nothwendigen, Lust erwecken. die Selbstaufopferung des Leonidas bei Thermopylä. Fit sonitus spumante salo, jamque arva tenebant, Web1.) Sie ergötzen bloß den Sinn durch Auflösung oder Erschlaffung und beziehen sich bloß auf den äußern, nicht auf den innern Zustand des Menschen. Er hielt sich daher lieber an Darstellung der Ursache des Leidens und fand für gut, sich umständlicher über die Furchtbarkeit der beiden Schlangen und über die Wuth, mit der sie ihr Schlachtopfer anfallen, als über die Empfindungen desselben zu verbreiten. Er ist es jetzt gleichsam selbst, der sich aus freier Wahl dem Verderben hingibt, und sein Tod wird eine Willenshandlung. WebWeimarer Klassik: Rückbesinnung auf die Antike. Sobald nämlich Fälle eintreten, wo das moralische Gesetz sich mit Antrieben gattet, die den Willen durch ihre Macht fortzureißen drohen, so gewinnt der Charakter ästhetisch*, wenn er diesen Antrieben widerstehen kann. Die schmelzenden Affekte, die bloß zärtlichen Rührungen, gehören zum Gebiet des Angenehmen, mit dem die schöne Kunst nichts zu thun hat. Entweder es sind solche, die ihm bloß als Thier angehören und als solche bloß dem Naturgesetz folgen, ohne daß sein Wille sie beherrschen oder überhaupt die selbständige Kraft in ihm unmittelbaren Einfluß darauf haben könnte. Aber etwas ist in uns, was an den Affektionen der sinnlichen Natur keinen Theil nimmt, und dessen Thätigkeit sich nach keinen physischen Bedingungen richtet. Thun wir es nun wirklich, so erhält diese Uebereinstimmung des Zufalls im Gebrauche der Freiheit mit dem Imperativ der Vernunft Billigung oder Beifall, und zwar in desto höherem Grade, als der Widerstreit der Neigungen diesen Gebrauch der Freiheit zufälliger und zweifelhafter machte. Jetzt war der Augenblick da, den Helden als moralische Person bei uns in Achtung zu setzen, und der Dichter ergriff diesen Augenblick. Web"Der letzte Zweck der Kunst ist die Darstellung des Übersinnlichen" behauptet Schiller. Wie ganz anders sind die Griechen und diejenigen unter den Neuern, die in ihrem Geist gedichtet haben. Bei der letztern Art des Beurteilens wird also die Operation gerade umgekehrt, die wir bei der ersteren verrichten. WebIm Anschluss soll durch die Analysen von Friedrich Schillers theoretischen Abhandlungen „Vom Erhabenen – Zur weitern Ausführung einiger kantischen Ideen“ [5], „Über das … We respect your privacy and take protecting it seriously. Der Unterschied zwischen beiden Arten der Beurtheilung fällt noch deutlicher in die Augen, wenn man eine Handlung zum Grunde legt, über welche das moralische und das ästhetische Urtheil verschieden ausfallen. WebHier stimmt die Definition: Senckenbergmuseum in Frankfurt Bild: Michael Hinz. Daher unstreitig, weil wir bei jenem auch die Möglichkeit des absolut freien Wollens aufgeben, diesem hingegen es in jeder Äußerung anmerken, dass er durch einen einzigen Willensakt sich zur ganzen Würde der Menschheit aufrichten kann. Sie unterdrücken die Gemüthsfreiheit durch Schmerz nicht weniger, als jene durch Wollust, und können deßwegen bloß Verabscheuung und keine Rührung bewirken, die der Kunst würdig wäre. Die Sprache ist gewiss etwas, was unter der Herrschaft des Willens steht, und doch kann auch der Instinkt sogar über dieses Werkzeug und Werk des Verstandes nach seinem Gutdünken disponieren, ohne erst bei dem Willen anzufragen, sobald ein großer Schmerz oder nur ein starker Affekt* uns überrascht. Ich denke mir z. Daher unstreitig, weil wir bei jenem auch die Möglichkeit des absolut freien Wollens aufgeben, diesem hingegen es in jeder Aeußerung anmerken, daß er durch einen einzigen Willensakt sich zur ganzen Würde der Menschheit aufrichten kann. Deßwegen wirft der weise Bildhauer die Bekleidung weg und zeigt uns bloß nackende Figuren, ob er gleich sehr gut weiß, daß dies im wirklichen Leben nicht der Fall war. Woher sonst kann es kommen, daß wir den halbguten Charakter mit Widerwillen von uns stoßen und dem ganz schlimmen oft mit schauernder Bewunderung folgen? Die Sprache ist gewiß etwas, was unter der Herrschaft des Willens steht, und doch kann auch der Instinkt sogar über dieses Werkzeug und Werk des Verstandes nach seinem Gutdünken disponieren, ohne erst bei dem Willen anzufragen, sobald ein großer Schmerz oder nur ein starker Affekt uns überrascht. Wir nennen eine Gesichtsbildung gemein, wenn sie die Intelligenz im Menschen durch gar nichts kenntlich macht; wir nennen sie sprechend, wenn der Geist die Züge bestimmte und edel, wenn ein reiner Geist die Züge bestimmte. Selbst die Götter der Griechen müssen der Natur einen Tribut entrichten, sobald sie der Dichter der Menschheit näher bringen will. Diffugimus visu exsangues, illi agmine certo – Dadurch nämlich, daß alle bloß der Natur gehorchenden Theile, über welche der Wille entweder gar niemals oder wenigstens unter gewissen Umständen nicht disponieren kann, die Gegenwart des Leidens verrathen – diejenigen Theile aber, welche der blinden Gewalt des Instinkts entzogen sind und dem Naturgesetz nicht nothwendig gehorchen, keine oder nur eine geringe Spur dieses Leidens zeigen, also in einem gewissen Grad frei erscheinen. Man nehme die Selbstverbrennung des Peregrinus Proteus zu Olympia. Ein Lasterhafter fängt an, uns zu interessieren, sobald er Glück und Leben wagen muss, um seinen schlimmen Willen durchzusetzen; ein Tugendhafter hingegen verliert in demselben Verhältnis unsere Aufmerksamkeit, als seine Glückseligkeit selbst ihn zum Wohlverhalten nötigt. Kleider sind ihm etwas Zufälliges, dem das Nothwendige niemals nachgesetzt werden darf, und die Gesetze des Anstands oder des Bedürfnisses sind nicht die Gesetze der Kunst. Alle diese Rührungen, sage ich, sind durch einen edeln und männlichen Geschmack von der Kunst abgeschlossen, weil sie bloß allein dem Sinne gefallen, mit dem die Kunst nichts zu verkehren hat. Der Dichter, auch wenn er die vollkommensten sittlichen Muster vor unsre Augen stellt, hat keinen andern Zweck und darf keinen andern haben, als uns durch Betrachtung derselben zu ergötzen. Man gelangt also zur Darstellung der moralischen Freiheit nur durch die lebendigste Darstellung der leidenden Natur und der tragische Held muss sich erst als empfindendes Wesen bei uns legitimiert haben, ehe wir ihm als Vernunftwesen huldigen und an seine Seelenstärke glauben. Der letzte Zweck der Kunst ist die Darstellung des Uebersinnlichen, und die tragische Kunst insbesondere bewerkstelligt dieses dadurch, daß sie uns die moralische Independenz von Naturgesetzen im Zustand des Affekts versinnlicht. WebVon Friedrich Schiller Inszenierung: Shirin Khodadadian Mit „Don Karlos“, einem schweren Klassik-Brocken startet das Nürnberger Sprechtheater in die neue Saison 2013/14. Eine Darstellung der bloßen Passion (sowohl der wollüstigen als der peinlichen) ohne Darstellung der übersinnlichen Widerstehungskraft heißt gemein, das Gegentheil heißt edel. Ein bis ins Tierische gehender Ausdruck der Sinnlichkeit erscheint dann gewöhnlich auf allen Gesichtern, die trunkenen Augen schwimmen, der offene Mund ist ganz Begierde, ein wollüstiges Zittern ergreift den ganzen Körper, der Atem ist schnell und schwach, kurz alle Symptome der Berauschung stellen sich ein: Zum deutlichen Beweis, dass die Sinne schwelgen, der Geist aber oder das Prinzip der Freiheit im Menschen der Gewalt des sinnlichen Eindrucks zum Raub wird. Daß der leidende Mensch seinen Gefühlen einen Ausdruck zu geben, daß er seinen Feind zu entfernen, daß er das leidende Glied in Sicherheit zu bringen suchte, hat er mit jedem Thiere gemein, und schon der Instinkt übernimmt dieses, ohne erst bei seinem Willen anzufragen. Bei der ästhetischen Schätzung hingegen wird der Gegenstand auf das Bedürfniß der Einbildungskraft bezogen, welche nicht gebieten, bloß verlangen kann, daß das Zufällige mit ihrem Interesse übereinstimmen möge. Hier stimmt die Definition: Senckenbergmuseum in Frankfurt Bild: Michael Hinz. WebSchiller macht das Pathetische zu einer Figur der Ästhetik. Der nämliche Gegenstand kann uns in der moralischen Schätzung mißfallen und in der ästhetischen sehr anziehend für uns sein. Als Vernunftwesen empfinden wir Beifall oder Missbilligung; als Sinnenwesen empfinden wir Lust oder Unlust. Daher sind nicht nur alle bloß erschlaffenden (schmelzenden) Affekte*, sondern überhaupt auch alle höchsten Grade, von was für Affekten* es auch sei, unter der Würde tragischer Kunst. Im Gebiet der Tierheit muss der Affekt* jederzeit unaufgelöst bleiben, sonst fehlt das Pathetische; erst im Gebiet der Menschheit darf sich die Auflösung finden.
I Would Be More Than Happy Synonym,
Großes Meer Unterkünfte,
Engel Düsseldorf Altstadt,
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